Kommentar | Meinung






Warum die Erhaltung der regionalen Wiener Gemüse-Produktion lebenswichtig ist

Nach jahrelanger Beschäftigung mit ökologischen und gesellschaftlichen Fragen der Energieversorgung und der Landwirtschaft sehe ich mit Sorge den vielschichtigen Problemen entgegen, die mit der absehbaren Verknappung und damit Verteuerung fossiler Energieträger in Verbindung stehen. Alle Strukturen, die auf der Basis billigen, reichlichen Erdöls entstanden sind, werden in die Krise geraten. Dazu zählt auch die erdölabhängige industrielle Landwirtschaft. Unsere gegenwärtige Überflussgesellschaft ist krisenanfällig und kann rascher, als wir es für möglich halten, ein Ende nehmen. Die Versorgung der Bevölkerung großer Städte mit Lebensmitteln wird dann mit Sicherheit schwierig werden.

Dass Notzeiten auf uns zukommen, wie ich sie in meiner Kindheit erlebt habe, wird hoffentlich nicht so bald der Fall sein. Damals, nach dem 2. Weltkrieg, war jeder Quadratmeter fruchtbaren Bodens wichtig, um Gemüse zu pflanzen oder Nahrung für die private Kleintierhaltung zu sammeln.

Fruchtbarer Boden im Nahbereich der Stadt ist ein kostbares Gut, das es zu bewahren gilt.

Die Entwicklung von Methoden und den Aufbau von Strukturen, die in Kooperation mit den Menschen in der nahen Nachbarschaft ertragreiche Lebensmittelproduktion auf kleinen Flächen ermöglichen, sehe ich als eine ganz wichtige Aufgabe der Stadt Wien an. Wie es schon Ernst Friedrich Schumacher ausgedrückt hat: “…es gilt, Rettungsboote zu bauen, wenn Eisberge gesichtet werden…” Da brauchen die Menschen Sachverständige, die ihnen aussichtsreiche Möglichkeiten zur Selbsthilfe vermitteln können.

Unabhängig von Notzeiten, die den Wienerinnen und Wienern hoffentlich für absehbare Zeit erspart bleiben, ist Grünland im Stadtbereich von vielfältigem Nutzen:

Es trägt sowohl zur Bewahrung natürlicher Artenvielfalt bei, als auch zur Erhaltung bewährter traditioneller Nutzpflanzen. Gemeinschaftsgärten, als Orte der Begegnung, können wertvolle Beiträge zur Selbstversorgung leisten.

Grünland im Stadtbereich ermöglicht verbrauchernahe Produktion von Lebensmitteln. Eine Gesellschaft “kurzer Wege” ist eine wesentliche Bedingung zukunftsfähiger Entwicklung.

Daher wäre die Verbauung städtischer Grünflächen, wie die des fruchtbaren Donaufeldes, für Wien auf dem Weg ins Solarzeitalter kontraproduktiv.

Peter Weish
(Humanökologe)
Im August 2015